Kanzleimarketing: 7 Strategien für Kanzleien mit kleinem Marketing-Budget
Wer eine Kanzlei auf- und ausbauen möchte, braucht vor allem eines: lukrative Mandate. Doch wie gewinnt man diese für sich in einem Markt, in dem sich mehr als 42.000 Rechtsanwaltskanzleien tummeln und ständig neue Online-Rechtsservices entwickelt werden?
Fundierte Fachexpertise reicht längst schon nicht mehr aus, um den Mandantenstamm kontinuierlich weiterzuentwickeln. Unsere Welt ist größer geworden und so auch die Konkurrenz. Internationale Kanzleien drängen in den deutschen Anwaltsmarkt. Innovative Online-Portale bieten unkomplizierte Services für Rechtsuchende. ChatGPT liefert in Sekundenschnelle Antworten auf juristische Fragen, zu denen Rechtsunkundige früher einen Anwalt konsultiert hätten.
Kanzleimarketing ohne Marketing-Agentur, geht das?
Wie es einem Anwalt, einer Anwältin trotzdem gelingt, die eigene Kanzlei auf Erfolgskurs zu bringen und mehr Umsatz zu generieren? Mit einer klaren Kanzleimarketing-Strategie und daraus abgeleiteten kontinuierlichen Marketing-Maßnahmen, die die angepeilten Mandanten auch sicher erreichen.
Kanzleimarketing ist immer noch kein Studienfach. Die wenigsten Anwälte oder Anwältinnen haben Zeit, sich intensiv mit SEO, SEA, Content Marketing, Google Ads, Marketing-Channels & Co. zu beschäftigen. Nicht jede Kanzlei kann oder will sich eine Marketingagentur oder gar eine eigene Marketing-Abteilung leisten. Häufig bleibt dann nur ein Weg: möglichst viel von Experten zu adaptieren, so zum Beispiel deren Marketing-Strategien.
Kanzleimarketing Tipp 1: Suchen Sie das Alleinstellungsmerkmal Ihrer Kanzlei
Warum sollte ein Mandant, eine Mandantin Sie – und nur Sie – in einer Rechtssache konsultieren? Diese Frage hat es in sich, ist aber der Grundstein für Ihre gesamte Marketing-Kommunikation zur Mandantengewinnung, für die Positionierung Ihrer Kanzlei als Marke bzw. als Brand und für Ihre Unternehmensidentität, Ihre Corporate Identity, wie es Marketingexperten nennen.
Klar, Sie liefern Lösungen bei juristischen Problemen. Das machen hunderte andere Kanzleien jedoch auch. Und den Dr. jur. oder den Fachanwalt für XY können viele Kollegen ebenso vorweisen. Beide Argumente taugen daher nicht als Antwort auf die Frage, warum Mandanten ausgerechnet Sie aufsuchen sollten. Etwas anderes wäre es, wenn Sie auf eine Nische spezialisiert sind, in der kaum jemand anderes so kompetent ist.
Was macht Sie und Ihre Kanzlei besonders, was macht Sie einzigartig? Was ist Ihr USP, Ihre Unique Selling Proposition, wie es Marketing-Profis nennen? Es geht um die speziellen Extras, die Sie von der Masse abheben.
Das kann die Praxiserfahrung sein, die Sie als Justiziar in einem Unternehmen gesammelt haben. Das können aber auch Skills sein, die nichts mit Ihrem eigentlichen „Produkt“, der Rechtsberatung, zu tun haben:
- Ihr Einfühlungsvermögen,
- Ihre rhetorische Stärke,
- der von Ihnen erdachte online-gestützte Workflow, der die effizientere Bearbeitung von Fällen möglich macht,
- Ihr großes Netzwerk aus kompetenten Anwaltskollegen, das Ihren Mandanten eine ganzheitliche Beratung und Absicherung bietet,
- Ihre 24/7-Erreichbarkeit bei Mandatsanfragen,
- Ihr Talent, zu verhandeln oder wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen,
- besondere Services wie etwa der Zugriff auf von Ihnen erstellte Mustervorlagen oder Textbausteine.
Sie haben keine Idee, was Ihr Alleinstellungsmerkmal sein könnte? Fragen Sie bei Ihren Mandanten, ehemaligen Arbeitskolleginnen oder Kommilitonen nach. Warum würden sie Sie weiterempfehlen?
Führt auch diese Recherche nicht zu einem Ergebnis, bleibt nur eines: Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln. Spezialisierung ist eine mögliche Strategie dafür. Kooperationen, die Konzeption mandantenfreundlicher Online-Tools oder andere innovative Beratungsansätze oder -services sind weitere Varianten, um ein klares Profil aufzubauen.
Kanzleimarketing Tipp 2: Finden Sie heraus, was Mandanten wirklich bewegt
Worauf legen die von Ihnen anvisierten Mandanten besonderen Wert? Welche Bedürfnisse stehen im Vordergrund? Was könnte Rechtssuchende dazu bringen, exakt Sie als Anwalt oder Anwältin zu mandatieren bei einem Problem? Antworten auf diese Frage sind der Schlüssel zu einer zielgruppengerechten Ansprache. Um sie herauszuarbeiten, ist es nötig, sich näher mit der Spezies Mandant zu beschäftigen.
Bei Paaren, die für ihre Scheidung einen Familienrechtsanwalt brauchen, sind die Bedürfnisse andere als bei Immobilienunternehmen, die eine langfristige Zusammenarbeit mit einem auf Baurecht spezialisierten Advokaten anstreben.
Wie Sie herausfinden, was Ihre Zielgruppen wirklich triggert?
- Hören Sie sich um bei Alt-Mandanten.
- Lesen Sie nach in Online-Rechtsportalen und -Foren, was Rechtsuchende in Ihrem Spezialgebiet besonders beschäftigt, worauf sie in Bewertungen wertlegen.
- Tauschen Sie sich mit Anwaltskollegen aus.
Kanzleimarketing Tipp 3: Entwickeln Sie mandantenorientierte Botschaften
Haben Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal und den Bedarf potenzieller Mandanten herausgearbeitet, können Sie das Wording für eine nutzenorientierte Argumentation entwickeln. Viele Kanzleien beschränken sich darauf darzustellen, was sie alles können und warum sie die besten Rechtsanwälte der Stadt oder gar der Region sind.
Machen Sie es besser: Legen Sie dar, welche konkreten Vorteile Sie Ihren Mandanten bieten, was Sie für diese tun können. Um eine nutzenorientierte Argumentation aufzubauen, ist ein Perspektivwechsel nötig. Versetzen Sie sich in die Lage der Rechtsuchenden.
Statt „Wir sind die beste Kanzlei, weil …“, formulieren Sie: „Du hast das Problem X oder das Ziel X. Ich kann dir helfen, weil …“ Der Vorteil einer solchen Argumentation liegt klar auf der Hand: Der Kunde fühlt sich in seinen Bedürfnissen abgeholt und gesehen. Gleichzeitig spiegeln Sie ihm: Ich weiß, was dich bewegt.
Die Schlüsselfrage zur Erarbeitung einer nutzenorientierten Botschaft lautet: In welcher Weise profitieren Klienten, wenn Sie sie mandatieren? Darauf Antworten zu finden, ist keine Rocket Science: Rechtsuchende haben stets ein Problem, das sie gelöst haben wollen. Meist soll das schnell, sicher und auch günstig vonstatten gehen – und genau dafür sind Sie der oder die Richtige, weil …
Der Aufwand, den dieser Schritt zur Entwicklung einer Kundenkommunikation erfordert, lohnt sich allemal. Sie können die so entwickelten Kernbotschaften immer wieder in Ihren Marketing-Aktionen verwenden.
Kanzleimarketing Tipp 4: Nehmen Sie Ihre Konkurrenten in den Fokus
Ein Blick über den eigenen Tellerrand schadet nie. Im Marketing ist er sogar unerlässlich. Nur wer seine Mitbewerber kennt, kann sich selbst im Markt erfolgreich positionieren.
Welche Kanzleien oder Einzelanwälte in unmittelbarer Konkurrenz zu Ihnen stehen, bestimmt sich anhand mehrerer Faktoren. Natürlich sind das Rechtsgebiet und etwaige Spezialisierungen entscheidend. Der Sitz Ihrer Kanzlei muss keine Rolle spielen, kann es aber, wenn die örtliche Nähe für Ihre Mandantschaft wichtig ist oder Ihre Kanzlei auch Laufkundschaft anziehen soll.
Haben Sie den Kreis Ihrer Konkurrenten identifiziert, schauen Sie sich deren Marketing-Aktionen genau an.
- Welche Kompetenzen können Ihre Mitbewerber vorweisen, die Ihnen vielleicht noch fehlen?
- Was veranstaltet und veröffentlicht der Kollege, die Kollegin der Kanzlei XY, um Mandanten zu gewinnen?
- Wie präsentiert sich die Konkurrenz auf der Website?
- Wie werden Ihre Mitbewerber von Mandanten im Netz bewertet? Was schätzen diese besonders? Gibt es Kritikpunkte? Bewertungen finden Sie in Anwaltsportalen und Online-Verzeichnissen oder direkt bei Google.
- Welche Kanäle bespielen Ihre Konkurrenten zur Mandantenakquise? Sind sie in den Social Media wie LinkedIn, YouTube, Instagram etc. unterwegs? Sehen Sie sich die Homepage an: Wo werden Artikel platziert? Welche Themen werden dort besetzt?
Analysen wie diese sind hilfreich, um sich für eigene Ansatzpunkte inspirieren zu lassen und sich trennscharf abzugrenzen.
Kanzleimarketing Tipp 5: Punkten Sie mit gutem Content Marketing
Wie gelingt es Ihnen, schnell und nachhaltig sichtbar zu werden mit all den Mehrwerten und Vorzügen, die Sie herausgearbeitet haben? Hier geht es darum, die Wege zu definieren, die am erfolgversprechendsten sind für eine Mandantenakquise und Ihre Positionierung als Experte. Das sind solche, mit denen sie möglichst viele potenzielle Klienten erreichen und die Ihnen eine Plattform bieten, sich mit all Ihren Kompetenzen zu präsentieren.
Dabei spielt neben gezieltem Online- und Offline-Networking gutes Content Marketing eine wesentliche Rolle: Wer Inhalte produziert, die den Bedarf der Leser treffen und ihnen weiterhelfen, steigt – auch ohne Einschaltung einer SEO-Agentur – im Ranking der Suchmaschinen und erhält mehr Aufmerksamkeit. Content Marketing kann in verschiedenen Kanälen stattfinden: auf der eigenen Webseite, in Social Media, in Fachzeitschriften, via Podcast etc.
Ideal: ein Mix aus Online-Marketing und Offline-Aktionen
Erfahrene Marketing-Profis legen Wert auf einen Channel-Mix. Das heißt, sie setzen nicht alles auf eine Karte. Eine schlaue Strategie, denn die Suchmaschinenoptimierung der Kanzleiwebsite allein reicht zum Beispiel für ein erfolgreiches Marketing nicht aus. Ebenso nicht ein Advertorial oder alle drei Monate mal ein Post in Social Media. Wesentlich effektiver ist eine planvolle, kontinuierliche Bespielung verschiedener Marketing-Kanäle mit unterschiedlichen Maßnahmen – online und offline. Hier gibt es so viele Optionen, dass wir ihnen einen eigenen Artikel gewidmet haben.
Kanzleimarketing Tipp 6: To-dos und Termine festlegen
Haben Sie geeignete Marketing-Instrumente und -Channels definiert, geht es an die Planung zur Umsetzung der einzelnen Maßnahmen. Finden Sie klare Antworten auf die Frage: Wer macht was bis wann? Tragen Sie die Termine in Ihren Kalender ein und blocken Sie die Zeit, die Sie selbst für die Maßnahmen aufwenden müssen. So schaffen Sie Verbindlichkeit.
Beabsichtigen Sie, aktiv auf LinkedIn zu werden oder regelmäßig Blog-Beiträge für Ihre Website zu verfassen, hilft Ihnen ein Redaktionsplan mit den Themen und den Veröffentlichungsdaten.
Kanzleimarketing Tipp 7: Loslegen und dabeibleiben!
Marketing trägt nur Früchte, wenn es planvoll und kontinuierlich betrieben wird. Einmalige Aktionen sind genauso wirkungslos wie Werbemaßnahmen, die immer wieder auf die lange Bank geschoben werden.
Räumen Sie Ihrem Kanzleimarketing einen festen Platz in Ihrem Terminplan ein.
Beispiele:
- Reservieren Sie sich jede Woche ein festes Zeitfenster für das Schreiben von LinkedIn-Posts oder Blog-Beiträgen für Ihre Kanzleiwebseite.
- Halten Sie Ihre Mitarbeiter dazu an, Empfehlungen von Mandanten einzuholen und ins Anwaltsportal und auf der Kanzleiwebseite einzupflegen.
- Checken Sie Ihre Kanzleiwebsite alle 2 Monate. Prüfen Sie, ob die Informationen dort noch aktuell sind und passen Sie sie bei Bedarf an.
Kleines Glossar wichtiger Marketing-Begriffe
Ads: Dieser Begriff ist die Abkürzung für Advertisement und bedeutet nichts anderes als „Werbung“. Im Online Marketing sind Ads der Oberbegriff für verschiedene Arten der Werbung. Sofort als solche erkennbar ist zum Beispiel Display Werbung in Form von Werbebannern oder Pop-up-Anzeigen auf Websites. Weniger offensichtlich funktionieren GoogleAds. Mit dieser Form der bezahlten Werbung können Sie Ihr Ranking auf den Suchergebnisseiten von Google beeinflussen.
Advertorial: Ein Advertorial wird zum Beispiel in Online-Magazinen oder auch Print-Zeitschriften platziert. Es mutet an wie ein Artikel oder Post, weil es leserorientierten redaktionellen Content enthält, so z. B. Rechtstipps, ist aber bezahlte Werbung und auch als solche zu kennzeichnen.
Blog: In diesem Online-Journal werden Artikel oder kurze Beiträge veröffentlicht. Wer diese Form des Content Marketings attraktiv findet, weil er gerne schreibt, kann sie leicht in die Kanzleiwebsite integrieren oder für wenig Geld über Blog-Hosting-Anbieter wie WordPress kreieren.
Channel-Mix: Wer in seiner Marketing-Strategie auf einen Channel-Mix setzt, kombiniert verschiedene Formen des Offline- und Online-Marketings miteinander. Er schaltet zum Beispiel eine Werbekampagne via GoogleAds, veröffentlicht Artikel in einer Print-Verbandszeitschrift und postet wöchentlich auf LinkedIn.
Content Marketing: Diese Form des Marketings oder auch Marketing-Strategie kann online wie offline stattfinden, hat aber immer ein Ziel: Potenzielle Kunden durch Inhalte von der eigenen Expertise zu überzeugen, so z. B. in Artikeln, Posts, Blog-Beiträgen.
Corporate Identity: Sie umfasst alles, was die Identität eines Unternehmens formt, im Innen wie im Außen, so z. B. wie es kommuniziert (Corporate Communication), wie sich die interne Zusammenarbeit gestaltet (Corporate Culture) und wie sich das Unternehmen darstellt (Corporate Design).
Offline Marketing: Hierzu zählen vor allem die klassischen Werbeformen außerhalb des Online-Kosmos, wie die Print-Anzeige in der Tageszeitung oder das Plakat auf der Litfaßsäule. Auch das Netzwerken auf Kongressen oder in beruflichen Zusammenschlüssen kann eine Offline-Marketing-Maßnahme sein, wenn sie dazu dient, Mandanten zu gewinnen.
Online Marketing: Es umfasst alle Marketing-Maßnahmen, die im Internet, Apps und in Online-Medien stattfinden, so auch in den Sozialen Medien und in Sozialen Netzwerken wie LinkedIn. Es reicht von der bezahlten Banner-Werbung bis hin zum Content Marketing via Blog, YouTube oder LinkedIn-Post.
Post: Ein Post ist ein kurzer Beitrag, Kommentar oder eine Nachricht in Social Media.
SEA: Investiert man Geld in Search Engine Advertising, wird man bei Google & Co. vor den Suchergebnissen zu ausgewählten Keywords platziert, so z. B. mit GoogleAds.
SEO: Websites, die nach der Eingabe relevanter Such-Keywords nicht auf Seite 1 oder 2 der Google-Ergebnisseite landen, sind für potenzielle Kunden so gut wie nicht existent. Die Suchmaschinenoptimierung, im Englischen: Search Engine Optimization (SEO), dient dazu, Websites auf die vorderen Seiten der Suchmaschinen zu katapultieren – das gelingt mit technischer, aber vor allem auch inhaltlicher Optimierung.
Social Media: Zu den Sozialen Medien zählen alle Online-Plattformen, -Anwendungen und -Dienste, die auf dem Prinzip basieren, dass ihre Mitglieder selbst Inhalte erstellen, teilen und sich miteinander austauschen.Zu den bekanntesten Social Media zählen Instagram, YouTube und WhatsApp.
Social Networks: LinkedIn und XING sind Online-Netzwerke, die dem beruflichen Austausch und der Kontaktpflege dienen. Facebook ist das Pendant für private Zwecke. Die Social Networks sind Teil der Social Media.
USP: Warum sollten sich Mandanten exakt für Ihre Kanzlei entscheiden? Zur Erarbeitung einer guten Marketing-Kommunikation, ist es wichtig, das Alleinstellungsmerkmal, die Unique Selling Proposition, kurz: USP, Ihrer Kanzlei bzw. Ihrer Rechtsberatungsservices herauszuarbeiten.