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Kanzleigründung und Kanzleistrategie

Rechtsanwälte arbeiten im Team unter Verwendung von Advolux
Kanzleigründung: Der Erfolg hängt von der Strategie ab

Der Rechtsmarkt ist im Wandel – zumindest das steht fest. Wachstumsdruck, Kostenklemme, neue Anbieter von Rechtsdienstleistungen, die zu einer sogenannten „disruptive innovation“ führen können – das sind die Themen, mit denen sich jeder Kanzleigründer heute beschäftigen sollte.
Sie denken vielleicht, die erste Frage bei der Kanzleigründung ist die nach der Rechtsform. Weit gefehlt. An erster und wichtigster Stelle steht die Frage nach der Vision und der daraus folgenden Strategie Ihrer Kanzlei…

Vision und Strategie als Herzstück der Kanzleigründung

Eine Vision für Ihre Kanzlei ist ein übergeordnetes und gewünschtes Ziel, eine Art Leitstern, das auch erreichbar sein sollte. Die Vision betrifft also die Positionierung der Kanzlei in der Zukunft und in der Regel geht es um Kenngrößen wie die Rechtsberatungsleistung an sich, die Mandanten und die Mandantenbeziehung. Aber auch Fragen wie Wachstum, Organisation oder Personalführung. Wichtig ist die gemeinsame Erarbeitung dieser Vision. Denn dann ist die Chance auf Annäherung bzw. Umsetzung wesentlich größer. Und es gilt, was auch sonst häufig der richtige Weg ist: Weniger ist mehr. Die Vision sollte kurz und prägnant formuliert sein.
Frage, die Sie sich stellen sollten: Warum bin ich oder wir in dieser Kanzlei? Wo wollen wir mit der Einheit fünf Jahre nach der Kanzleigründung stehen? In Welchen Rechtsgebieten wollen wir welche Mandanten beraten?
Aus dieser gewonnen Vision folgt erst Ihre Kanzleistrategie. Meist geht es dabei um die Identifizierung mittelfristiger Ziele, die in den nächsten 1-3 Jahren erreicht werden sollen. Auch hierbei im Fokus: Größe und Zusammensetzung der Kanzlei, Mandanten- und Reputationsentwicklung, Finanzen sowie Personalentwicklung. Bei aller Rücksicht auf die Priorisierung der Mandatsarbeit nach dem Motto „clients come first“ – ein Wochenendstrategieworkshop, idealerweise an einem externen Ort – unter Umständen auch mit einem externe Coach oder Moderator – hat noch keiner Kanzlei oder auch Einzelanwalt geschadet.

Rechtsform – best solution?

Spätestens danach sollte feststehen: Bin ich gut aufgestellt als Einzelanwalt oder ist die Einheit, in der ich agiere, die richtige? Dann erst kommt bei der Kanzleigründung die Frage nach der Rechtsform: Soll die Einheit als Sozietät/GbR oder aber Partnerschaftsgesellschaft geführt werden? In aller Munde war im vergangen Jahr die PartGmbB, die seit Juli 2013 mögliche neue Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung.
Ob Sie sich für diese neue Rechtsform entscheiden, hängt entscheidend davon ab, was für ein Typ Anwalt Sie sind und ob Sie eng mit Ihren Kollegen im Team arbeiten. Ist dies der Fall und können Sie deren Arbeit nicht vollends einschätzen, empfiehlt sich die neue Form, in der für berufliche Fehler nicht persönlich gehaftet wird. Wenn Sie sich für die PartGmbB entschieden haben, ist der Rest eher Formsache. Im Internet finden Sie viele praktische Hilfen für diese Art der Kanzleigründung. Wichtig ist, dass Sie die gesetzlich geforderte Versicherungsbescheinigung haben und dass Sie alle Unterlagen zu einem festen Stichtag parat haben.

Praktische Anfangsfragen bei der Kanzleigründung

Die passende Strategie und die richtige Rechtsform sind aber noch nicht alles, was Sie bei der Kanzleigründung beachten sollten. Fragen, mit denen Sie sich konfrontiert sehen: Sind die Partner wirklich zahlenmäßig ausreichend und die richtigen, um die Wunschmandanten beraten zu können? Das heißt – decken sie alle Rechtsgebiete ab, die Sie anbieten wollen? Wenn nicht, gilt es zunächst, Ihr Netzwerk zu befragen. Eine ganz praktische Frage ist häufig auch die nach den richtigen Büroräumen. Manchmal zwingen die äußeren Umstände ohnehin zu einen Umzug, beispielsweise wenn Sie sich abspalten von einer größeren Einheit (Stichwort: Spin-off) oder ganz neu in dieser Konstellation durchstarten (Stichwort: Start-up). Manchmal ist es auch eine zwingende Folge Ihrer Vision bzw. Strategie, mit der eigenen Kanzleigründung den Standort zu wechseln.

CI und Markenbildung

Es folgen schnell Fragen nach der geeigneten Außendarstellung – sprich Corporate Identity (kurz CI): Welche Farben und Schriften benutze ich, wie sieht mein Logo aus? Und wie baue ich mein Briefpapier und Visitenkarten auf? Dies sind jedoch eher nachgeordnete und ganz praktische Fragen am Ende des sogenannten Markenbildungsprozesses. Anwaltskanzleien und Marken waren lange ein Widerspruch, doch dies ist Schnee von gestern.
Mit zunehmendem Wettbewerb ist das Thema Marke auch auf dem Anwaltsmarkt wichtiger geworden. Wieso ist dies so? Marken faszinieren und sie beeinflussen die Kaufentscheidung. Sprich: die Entscheidung Ihrer potentiellen Mandanten, gerade Sie zu beauftragen. Sie erhöht auch die Mandantenbindung und stärkt Ihre Verhandlungsposition, ebenso erleichtert sie die Suche nach den richtigen Mitarbeitern. Und wie kommen Sie zu dieser Sie fördernden Marke? Da kommen wir wieder zurück zum Anfang, Ihrer Strategie. Markenaufbau ist nichts anderes als die konsequente Umsetzung Ihrer erarbeiteten Kanzleistrategie.

Realitätscheck

Und: Die Bedeutung des Markenmanagements ist keine Frage der Größe und so nicht nur den sogenannten Großkanzleien vorbehalten. Nein, auch kleine und mittlere Kanzleien können eine Marke bilden und leben. Wie gut sie dies machen, hängt vor allem von ihrer Umsetzungsstärke ab. Diese ist nicht gottgegeben, sondern eng mit einigen Faktoren verbunden. Rechtsform und Geschäftsmodell sind darunter, das Wichtigste aber ist, wie gut das Team als solches funktioniert. Ziehen alle am gleichen Strang oder nicht? Das ist entscheidend, wahrscheinlich das Entscheidendste, für eine erfolgreiche Kanzleigründung.

Rechtsanwältin Claudia Bonacker
Business Development für Anwälte und Kanzleien

u. a. Consultant der Bucerius Executive Education

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