Vergütungsvereinbarung in der Rechtsanwaltskanzlei: die richtige Honorarabrechnung
Die Frage des Anwaltshonorars tangiert zwei Eckpfeiler des Erfolges einer Kanzlei: die Kundenbindung und die Wirtschaftlichkeit der Anwaltstätigkeit. Wird hier nicht systematisch und klar agiert, sind Probleme vorprogrammiert. Bei der Honorarberechnung können leicht Unklarheiten und Missverständnisse entstehen, wenn der Rechtsanwalt nicht oder nur unzureichend das Thema der Gebührenabrechnung mit dem Mandanten bespricht.
Klare Kommunikation über die Vergütungsvereinbarung in der Rechtsanwaltskanzlei
Verfügt der Mandant über keine Rechtsschutzversicherung, die die Rechtsanwaltsgebühren übernimmt, und liegen auch nicht die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe oder Beratungshilfe vor, ist die Frage des Honorars für den Mandanten ein wichtiger Punkt des Gesprächs. In der Regel haben die Mandanten keine realistische Vorstellung davon, was die Arbeitsleistung des Rechtsanwalts im konkreten Fall kostet. Wird das Gespräch nicht gesucht, kommt es insbesondere dann zu Missstimmungen, wenn die Rechtsanwaltsgebühren am Ende höher ausfallen als nach der Vorstellung des Mandanten, der sich über die Höhe von Prozesskosten nicht selten Illusionen hingibt. Fazit: Die Vergütungsvereinbarung muss rechtzeitig geklärt sein.
Umgang mit Interessenten auf der Suche nach dem „günstigsten“ Honorarangebot
Auf unwirtschaftliche Angebote sollte einen Rechtsanwalt verzichten. Gerade bei kleineren Kanzleien und Einzelanwälten ist in zunehmendem Maße festzustellen, dass Interessenten versuchen, das für Sie günstigste Angebot der Rechtsanwaltsleistung zu suchen. Es werden E-Mails mit einer kurzen Sachverhalts Schilderung und abschließende Frage nach einem konkreten Preis für die Beratung oder anwaltliche Vertretung an Rechtsanwälte verschickt. Dadurch wird versucht, die Preise für anwaltliche Leistungen nach unten zu drücken, da die angespannte Auftragslage viele Anwälte dazu bringt, ihre Leistungen unter Wert und unterhalb der Wirtschaftlichkeit zu erbringen.
Hier sollte versucht werden, den potentiellen Mandanten zu einem Gespräch in die Kanzlei einzuladen, in dem er konkret sein Anliegen schildern kann. Es können dann auch die Fragen des Mandanten zum Honorar besprochen werden. Sind die Interessenten nur auf der Suche nach den günstigsten Angeboten für anwaltliche Leistungen werden sie die Gesprächsangebote nicht annehmen, da sie in der Regel ein Angebot unterhalb der Wirtschaftlichkeitsgrenze erhalten.
Einwand der Gebührenerhöhung ab dem 01.08.2013
Im Gespräch über das Rechtsanwaltshonorar wird nach der Reform der Rechtsanwaltsvergütung zum 01.08.2013 vom Mandanten oft eingewandt, dass nun die Anwälte erheblich höhere Gebühren abrechnen könnten, wobei unterschiedliche Prozentangaben durch die Medien kursieren. Hier sollte der Rechtsanwalt darauf hinweisen, dass die letzte Gebührenerhöhung aus dem Jahr 1994 stammt und damit seit fast 20 Jahren keine Anhebung der Gebühren erfolgt ist. Es erfolgte erst jetzt eine Angleichung der Anwaltshonorare an die allgemeine Lohnentwicklung und insbesondere auch an die stetig steigenden Kosten für den Betrieb einer Anwaltskanzlei (Miete, Personalkosten, Kosten für Verbrauchsmaterialien, Fahrzeugkosten).
Ausgangspunkt für eine Honorarvereinbarung: Gesetzliche Vergütungsregelungen des RVG
Grundlage für das Gespräch mit dem Mandanten über die Vergütungsvereinbarung in der Rechtsanwaltskanzlei ist das RVG. Hier kann der Rechtsanwalt argumentieren, dass seine Gebühren gesetzlich vorgeschrieben sind. Anhand der gesetzlichen Gebühren sollte der Rechtsanwalt immer kalkulieren, ob diese Gebühren für ihn wirtschaftlich angemessen sind.
Ergibt die Kalkulation, dass die gesetzlichen Gebühren nicht ausreichen, um den Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts angemessen zu vergüten, kann durch eine Honorarvereinbarung erreicht werden, dass im Sinne der Wirtschaftlichkeit von den gesetzlichen Gebühren abgewichen wird.
Beispiel: Mietrechtliche Mandate, bei denen es um aufwändige Überprüfungen von Nebenkostenabrechnungen geht, zu der auch noch die Unterlagen des Vermieters eingesehen werden müssen. Der Gegenstandswert ist hier in der Regel der Gesamtbetrag der Nebenkosten des Jahres oder die geforderte Nachzahlung.
Drei häufige Varianten der Ausgestaltung einer Honorarvereinbarung
Zum einen kann für die Angelegenheit ein fester Honorarbetrag vereinbart werden. Diese Regelung birgt für den Anwalt die Schwierigkeit einzuschätzen, welchen Aufwand die gesamte Bearbeitung der Angelegenheit mit sich bringt. Für eine solche Vereinbarung ist eine detaillierte Auflistung der einzelnen anwaltlichen Dienstleistungen notwendig, die im Preis enthalten sollen.
Häufigster Fall der Honorarvereinbarung ist die Vereinbarung einer Zeitvergütung für die anwaltliche Arbeit. Dies erfordert zwar vom Rechtsanwalt, dass er seine einzelnen Arbeitsleistungen und Tätigkeitsschritte dokumentiert und zeitlich erfasst, im Ergebnis kann er jedoch die Arbeitszeit konkret berechnen, die er für die Angelegenheit konkret aufgewandt hat. Dazu ist eine Regelung über Reisekosten notwendig sowie eine Obergrenze einer bestimmten Stundenzahl.
Ferner gibt es eine Honorarvereinbarung, die die Regelungen des RVG zur Grundlage haben. Dies kann so ausgestaltet werden, dass z. B. bei allen Rahmengebühren immer der Höchstsatz abgerechnet werden darf oder ein Mehrfaches der gesetzlichen Gebühren (Höchstgebühr oder Mittelgebühr). Denkbar ist auch ein prozentualer Aufschlag auf die gesetzlichen Gebühren (Höchstgebühr oder Mittelgebühr). Im Rahmen dieser Honorarvereinbarung kann allerdings auch ein höherer Streitwert vereinbart werden, als vom Gericht festgelegt, der dann Grundlage der Abrechnung auf der Basis des Vergütungsgesetzes ist.
Honorarvereinbarung in Straf- und Bußgeldmandaten
Wichtig ist eine Vergütungsvereinbarung für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Straf-und Bußgeldrecht. Hier können z.B. eine Vergütung nach Verfahrensabschnitten pauschal vereinbart sowie Sonderregelungen für zusätzliche Verhandlungstage getroffen werden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung einer Honorarvereinbarung für die Möglichkeit der Festsetzung der Vergütung nach § 11 RVG: Der Rechtsanwalt kann in gerichtlichen Verfahren seine Vergütung gerichtskostenfrei (es fallen nur Zustellauslagen an) festsetzen lassen und sich dadurch zeit- und kostengünstig einen vollstreckbaren Titel gegen den Mandanten verschaffen. Nach § 11 Abs. 8 RVG kann bei Rahmengebühren nur die Mindestgebühr geltend gemacht werden, wenn es keine Vereinbarung über die Höhe der Gebühren gibt. Ausreichend wäre in diesem Fall eine Honorarvereinbarung mit dem Inhalt, dass die jeweilige Mittelgebühr berechnet werden darf. Im Bereich des Zivilrechts können vom Gericht die gesetzlichen Gebühren festgesetzt werden.
Formalien einer Honorarvereinbarung:
Die Formalien einer Honorarvereinbarung sind in § 3a RVG festgelegt. Die Vereinbarung bedarf grundsätzlich der Schriftform. Sie darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Falls sie jedoch mit anderen Erklärungen (z. B. Auftrag) zusammengefasst sein sollte, ist konkret auf die Bezeichnung als Vergütungsvereinbarung zu achten sowie auf eine deutliche Absetzung von den anderen Erklärungen. Die Unterschrift des Mandanten darf nicht fehlen. Empfehlenswert ist eine Vorschussregelung. Schließlich muss die Vereinbarung die Belehrung des Mandanten beinhalten, dass Zahlungen Dritter (Gegner, Rechtsschutzversicherung und andere) auf die zu zahlende Vergütung angerechnet werden, so dass im Ergebnis nur die vereinbarten Beträge vom Rechtsanwalt eingenommen werden. Ferner muss die Belehrung des Mandanten enthalten sein, dass bei niedrigeren Gebühren als die gesetzlichen Gebühren zumindest die gesetzlichen Gebühren vom Mandanten zu bezahlen sind.
Auswahl konkreter Regelungsinhalte
1,3 Geschäftsgebühr
Zwar beträgt die mittlere Geschäftsgebühr 1,5. Jedoch ist ein Schwellenwert von 1,3 festgelegt, wenn die Angelegenheit weder umfangreich noch schwierig ist (Anmerkung zu VV Nr. 2300 RVG). Hier muss bei der Abrechnung überprüft werden, ob es sich um eine Angelegenheit mit überdurchschnittlicher Schwierigkeit handelt, zum Beispiel Berührung des Rechtsgebiets zum ausländischen Recht, Verkehrsunfall bei Verletzungen mit Dauerfolgen oder umfangreiches Studium von Sachverständigengutachten.
Erstberatung
Zu beachten ist, dass die Kosten einer Erstberatung insbesondere von Verbrauchern gesetzlich gedeckelt ist auf 190,00 EUR netto zuzüglich Schreibauslagen und Mehrwertsteuer (§ 34 RVG), wenn keine Vergütungsvereinbarung dazu mit dem Mandaten getroffen wurde. Hier kann argumentiert werden, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung dieser Grenze von einem Beratungsgespräch von einer Stunde ausgeht und insoweit indirekt ein Stundenhonorar festgelegt. Ohne Vergütungsvereinbarung sind nach dem RVG die Erstberatungsgebühr und die Geschäftsgebühr auf Folgegebühren ganz oder teilweise anzurechnen. In eine Vergütungsvereinbarung in der Rechtsanwaltskanzlei kann aufgenommen werden, dass das ausgeschlossen ist.
Geringe Gegenstandswerte
Bei geringen Gegenstandswerten sollte der Arbeitsaufwand abgeschätzt werden. Damit der Rechtsanwalt wirtschaftlich arbeitet, sollte in diesem Falle einer Honorarvereinbarung geschlossen werden, und zwar vorzugsweise als Zeithonorar. Dies bringt für den Mandanten allerdings das Problem, das dieses Zeithonorar weder von der Rechtsschutzversicherung noch im Obsiegensfall vom Gegner zu bezahlen ist und dem Mandanten stets eine Differenz bleibt. Hier sollte mit der Mandanten offen darüber gesprochen werden, es empfiehlt sich, eine gesonderte Belehrung in die Vergütungsvereinbarung aufzunehmen, die gesondert vom Mandanten unterschrieben wird. Kommt für den Mandanten eine Honorarvereinbarung nicht in Betracht, kann die Arbeitsweise des Rechtsanwalts nur dann wirtschaftlich sein, indem z.B. bei einer Betriebskostenangelegenheit der Mandant selbst die Abrechnungsunterlagen einsieht und sich der Rechtsanwalt nur mit den zweifelhaften Positionen auseinandersetzt.
Deckungsanfragen und Schriftverkehr mit der Rechtsschutzversicherung
Die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Einholung der Deckungszusage und der Abrechnung gegenüber dem Rechtsschutzversicherer gehört nicht zum eigentlichen Mandat, sondern stellt eine eigenständige Angelegenheit dar. Dafür kann der Rechtsanwalt eine 1,3 Geschäftsgebühr für die Anfrage und den weiteren Schriftverkehr mit der Rechtsschutzversicherung berechnen. Gegenstandswert ist dabei die Höhe der später entstehenden Gebühren. Regelmäßig werden der Schriftverkehr und die deckungsrechtliche oder eine etwaige gebührenrechtliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsschutzversicherer vom Rechtsanwalt als „Serviceleistung“ erbracht. Dies sollte auch so an den Mandanten kommuniziert werden.
Rechtsanwalt Uwe Ringel
Fachanwalt für Verkehrsrecht, Berlin